Arbeitsgruppe Biophysikalische Zellstimulation

Die Arbeitsgruppe untersucht, wie physikalische Reize zelluläre Signalwege beeinflussen und dadurch Zellverhalten steuern. Im Fokus stehen zwei Schlüsseltechnologien: elektrische Stimulation, die auf bioelektrisch-induzierten Signalen basiert, und physikalisches Plasma, das Zellen durch reaktive Moleküle beeinflusst.

Die elektrische Stimulation ist eine Methode, die unter anderem zur Knochenregeneration genutzt werden kann. Bei dieser Methode werden gezielt elektrische Felder oder Ströme eingesetzt, um die Aktivität von Zellen positiv zu beeinflussen. Diese kann, bei Auswahl der richtigen Parameter, zur vermehrten Produktion von Knochenmatrix – wie Kollagen und Knochenmineralien – führen. Die elektrischen Signale aktivieren biochemische Signalwege, einschließlich der Expression von Wachstumsfaktoren und der Freisetzung von Kalziumionen (Ca2+), die für die Knochenbildung essentiell sind.

Die Elektrotimulation zur Knochenregeneration ist ein vielversprechender Ansatz, der im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1270/2 ELAINE intensiv erforscht wird. Dieser SFB widmet sich der Entwicklung neuartiger, elektrisch aktiver Implantate zur Förderung der Knochen- und Knorpel-Regeneration. Im Fokus steht die Untersuchung der Effekte von Wechselstromstimulation auf Zellen in Kombination mit funktionalisierten Materialoberflächen. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Verständnis zellulärer Signalwege und deren Mechanismen.

Ein weiteres vielversprechendes Forschungsgebiet ist die Plasmamedizin, die sich mit der medizinischen Anwendung von Plasma, dem vierten Aggregatzustand der Materie, befasst. Kaltes Atmosphärenplasma erzeugt biologisch aktive Stoffe wie reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies, geladene Teilchen und UV-Strahlung, die antimikrobielle und entzündungshemmende Eigenschaften haben. Klinisch etabliert ist Plasma vor allem in der Wundheilung, da es durch die oben genannten antimikrobiellen und entzündungshemmenden Eigenschaften Bakterien abtöten und die Geweberegeneration fördern kann. Erste Ergebnisse bei der Anwendung von Plasma in der Onkologie deuten darauf hin, dass Plasma selektiv Krebszellen schädigen kann, während gesundes Gewebe geschont wird. In Projekten wie Onkother-H und im Rahmen der CCC-MV Förderung wurde von uns untersucht, inwiefern sich die Wirkung von Plasma durch die Kombination mit small molecules und ionisierender Strahlung gezielt verstärken lässt. Ziel ist es, synergistische Effekte zu identifizieren, die eine effektivere Tumorbekämpfung oder Gewebemodulation ermöglichen.

Trotz ihres großen Potenzials befinden sich die therapeutischen Anwendungen der Elektrostimulation und der Plasmamedizin noch in der Entwicklung. Um ihre Wirkmechanismen vollständig zu verstehen und ihre klinische Anwendung zu optimieren bedarf es weiterer Forschung.

Aus diesem Grund erforschen wir die Mechanismen der Elektrostimulation sowie die tumorhemmende Wirkung von Plasma auf zellulärer Ebene. Darüber hinaus untersuchen wir potentielle Synergieeffekte mit bestehenden Therapeutika, um medizinische Anwendungen zu optimieren und deren Wirksamkeit zu steigern.

Die folgenden Fragestellungen stehen derzeit im Fokus unseres wissenschaftlichen Interesses:

  1. Zellphysiologie und -verhalten
    •    Zytotoxizität, Proliferation, Apoptose
    •    Zellmorphologie (inkl. Mikrovilli)
    •    Adhäsion, Migration
    •    Zell-Zell-Kontakte
  2. Intrazelluläre Signalgebung
    •    Signaltransduktion (z. B. über Ca2+-Signale, Membranpotenzial)
    •    Proteinquantifizierung
    •    Dynamik der Proteinlokalisation (Translokation)
  3. Externe Einflüsse
    •    Kombinierte Effekte von Elektrostimulation und geladenen Oberflächen
    •    Kombinierte Effekte von Atmosphärendruckplasma und small molecules oder ionisierender Strahlung